Thomas Bäumler - ZwischendenZeilen
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Thomas Bäumler
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Kleine Texte und kurze Geschichten

Die Menschheit ist komplett irre geworden.

 

Bauern gehen auf die Grünen los, obwohl sie ihnen dankbar sein sollten. Denn, wenn das Klima kippt und der Golfstrom abreißt, brauchen wir keine Bauern mehr, weil bei uns dann nicht einmal mehr Kartoffeln wachsen würden.

Junge Leute, die sich aus Sorge um ihre Zukunft auf der Straße festkleben, werden mit der Härte des Gesetzes verfolgt, Landwirten, die stundenlang Autobahnauffahrten blockieren, bei ihren Protesten tonnenweise CO² in die Luft blasen und Mistkarren vor Parteibüros kippen, wird das als legitim zugestanden.

Die Leute laufen Parteien hinterher, die außer vollmundigen Versprechen und der Tatsache, dass sie ein Ventil für die Wut der Leute bieten, nichts, aber auch gar nichts Substantielles an Programmatik vorzuweisen haben, vor denen alle bedeutenden Wirtschaftsverbände warnen und unter denen es den Leuten, sollten sie das Sagen haben, mit Sicherheit wesentlich schlechter gehen wird, als heute.

Man rüstet aller Orten auf, baut Rüstungsfabriken und will Atomwaffen, weil den Menschen die Zerstörung ihrer eigenen Lebensgrundlagen scheinbar immer noch zu langsam geht.

 

Manchmal fragt man sich ernsthaft, ob die Menschheit es nicht mehr als verdient, dass sie vom Antlitz der Erde getilgt wird. Die Tiere und Pflanzen jedenfalls würden es danken.

(T.Bäumler 15.2.24)

 

Universum – eine philosophische Betrachtung

 

Wenn die Zeit relativ und eher ein Produkt unserer Wahrnehmung ist, wie die Physiker sagen und es, wie sie sagen, möglich wäre, von einem bestimmten Punkt des Universums aus gleichzeitig seine Geburt und seinen Tod zu sehen, dann hieße das, dass ohne die Zeit alles Vergangene, Gegenwärtige und Zukünftige gleichzeitig im Raum nebeneinander stehen würden. Es hieße dann aber auch, dass alles Gewesene, Seiende und Künftige und auch das individuelle Leben ohne das Phänomen der Zeit auf einem Punkt komprimiert wäre. Ohne die Zeit bliebe nur ein extrem winziger Raum voller Materie, Sein und Bewusstsein übrig, der nur durch die Zeit entsprechend verändert würde. Das würde dann aber bedeuten, dass das für den Planeten Erde, alle Materie und alles Leben, ja für das ganze Universum gelten muss. Ohne die Zeit ist alles gleichzeitig und auf einen unendlich kleinen punktförmigen Raum komprimiert.

 

Daher kann man auch mit einem Teleskop zwar durch die Zeit in den Raum zurückblicken, würde aber nie den Beginn des Raums in der Zeit erfassen können, weil der Raum beim Weg in der Zeit zurück immer kleiner würde und zu einem winzigen Punkt wird, je weiter man in die Zeit zurückblickt. Da stellt sich natürlich die Frage, ob sich die Gegenständlichkeit unseres Universums nicht generell in diesem einzigen winzigen Punkt befindet und alle für uns wahrnehmbaren und messbaren Dinge nicht lediglich ein Produkt der Zeit sind.

 

Das würde auch die Phänomene, die in der Quantenphysik zu beobachten sind und Schrödingers Katze erklären. Je näher man den in einem unendlich winzigen Punkt gelegenen Dingen kommt, desto unschärfer werden sie, umso wahrscheinlicher wird es, dass ein und dasselbe Phänomen an zwei verschiedenen Orten gemessen werden kann und dass Schrödingers Katze möglich ist. Ja, ganz allgemein würden ohne das Vorhandensein und die Subjektivität der Zeit in diesem unendlich winzigen und gleichzeitig unendlichen Raum verschiedene Multiversen gleichzeitig nebeneinander existieren können, ohne etwas voneinander zu ahnen. Dazu bedürfte es nur kleiner Modulationen in der Zeit.

 

Wenn das so ist, dann müsste das auch für so abstrakte Dinge wie Leben im allgemeinen und Bewusstsein gelten, die ja im Falle des Lebens vom Raum (den Molekülen) und der Zeit (die Zeit, die die Evolution benötigt) abhängig sind, im Falle des Bewusstseins vom Raum (den neuronalen Verknüpfungen im Gehirn mit ihren Molekülen) und nicht so sehr von der Zeit, da es dem Bewusstsein ja möglich ist, die Zeit nach vorne und nach hinten zu antizipieren. Dann müsste allerdings gelten, dass zumindest das Bewusstsein ohne die Zeit in jenem unendlich kleinen Punkt bereits vorhanden ist und wenn es an ein Leben geknüpft ist, mit dessen zeitlichem Ende wieder in jenen unendlich winzigen Raum zurückkehrt.

 

Daraus ergeben sich für mich zwei Fragen:

Zum einen, ist das, was wir als Gegenwart und Realität empfinden, das was unser Universum für uns ausmacht, nur eine von unendlich vielen möglichen Projektionen der Zeit in dem Raum, in dem sich alles, was ist, befindet und ist dieser Raum, statt unendlich groß zu sein, nur ein unendlich winziger Punkt. Befinden wir uns gar in einem schwarzen Loch? Zweitens, ist das Bewusstsein, der dem Bewussten innewohnende Geist, dann nicht etwas, was diesem winzigen Punkt inhärent ist, unabhängig von Raum und Zeit. Ist es das, was ewiges Leben in vielen Religionen meint? Was die Buddhisten als Nirwana bezeichnen? Ewiges Bewusstsein in einem unendlich winzigen Punkt mit unendlich vielen räumlichen und zeitlichen Möglichkeiten. Das, was Gläubige als das Göttliche bezeichnen?

 

T.Bäumler (copyright 1.2.2024)

 

 

Der König und sein Truchsess.
(Ein Vorwahlmärchen)
Es war einmal ein guter und gerechter König mit christlicher Einstellung und von fränkischem Geblüt. Er regierte ein schönes Ländchen mit glücklichen, wohlhabenden und trotzdem nicht immer ganz zufriedenen Einwohnern. Dieser König hatte einen Truchsess, von dessen Gefolge seine Regentschaft gestützt wurde. Der Truchsess selbst war ein kleiner unscheinbarer Mann einfacher Herkunft und arm an Selbstbewusstsein. Seine Eltern hatten ihm seinerzeit unter großen Entbehrungen eine Ausbildung zum Ritter ermöglicht, auf dass aus dem Buben etwas Gescheites, ein Schildknappe beispielsweise, würde. Anfänglich tat sich der Knabe angesichts seiner hochwohlgeborenen Kameraden schwer, doch nachdem er herausgefunden hatte, dass man durch ein loses Mundwerk und Unbotmäßigkeit gegenüber den Lehrmeistern bei den Mitlehrlingen reüssieren konnte, hatte sein Ansehen bei diesen rasch zugenommen, so dass er immer dreister wurde und schließlich von einem seiner Meister mit einer Schmähschrift übelster Machart erwischt wurde, welche die sittlichen Gefühle seiner Lehrmeister aufs allerhöchste verletzte. Da kein Zweifel an seiner Schuld bestand, musste er auf einem Holzscheit knieend Abbitte leisten und durfte, nachdem dies geschehen, gnadenhalber die Ausbildung zum Knappen beenden.
 
Einmal jedoch Blut geleckt, hatte der Knappe im Laufe der Jahre durch seine freche Art eine große Schar Anhänger um sich geschart, von deren Treueschwur schließlich Wohl und Wehe des guten Königs abhingen. Und das kam so: Alle 5 Jahre versammelten sich die Stände des Reiches, dem König Gefolgschaft zu schwören. Und weil des Königs Mannen zu wenige waren, bedurfte es auch des Gefolges des vorlauten Knappen, um des Königs Macht zu sichern. So brachte es der Knappe schließlich bis zum Truchsess des Königs.
 
Da ergab es sich eines schönen Tages, dass kurz vor dem großen Schwur ein findiger Herold die frühere Missetat des Truchsess ausgegraben und dem König kund getan hatte. Dieser war ob der abscheulichen Untat des Truchsess aufs höchste erzürnt, aber da er ein guter und gerechter König war, beschloss er, seinem Truchsess Gelegenheit zu geben, sich vor dem Thronrat zu rechtfertigen. Der Truchsess, obgleich ein Mann in den besten Jahren und noch nicht der Demenz anheimgefallen, berief sich auf unerklärliche Erinnerungslücken, blieb ansonsten in seinen Ausführungen recht vage und präsentierte dem König schliesslich zur allgemeinen Verwunderung einen leibeigenen Untertanen, der zugab, seinerzeit der wahre Übeltäter gewesen zu sein. Daraufhin war der gute und gerechte König ob dieser Dreistigkeit noch mehr erbost, schalt seinen Truchsess einen treu- und ehrlosen Gesellen, zieh ihn der Lüge, enthob ihn seines Amtes und schickte ihn zur Verbannung in jenen entlegenen und rückständigen Teil seines Königreiches, dem der Knappe ursprünglich entstammte, und wo er fortan sein Leben als Leibeigener fristen musste. Auch die Anhänger des Truchsess, obzwar chronisch unzufriedene Leute, aber doch im innersten wahre und treue Christenmenschen, wandten sich mit Abscheu von ihm ab.
Hier endet das Märchen.
Und dann gibt es da auch noch Bayern.
Und wenn sie nicht gestorben sind, regieren sie noch heute.

(T.Bäumler 4.10.23)

WAHLKRAMPF IN BAYERN 2023

 

Das große Problem all der Schreier und Brüller auf den Wahlveranstaltungen der Grünen, all der kleinen und großen Aiwangers, der Hard-Core-CSUler, der Lobbyisten von der FDP, der völkischen Wir-bleiben-unter-uns'ler, all derer, die sich zur Zeit an den Günen, den Klimaklebern und den Linken abarbeiten, heißt schlicht und ergreifend: Angst.

 

Angst vor den unausweichlichen Veränderungen, die mit der Klimakrise und der zunehmend instabilen Welt auf uns alle zukommen.

Angst davor, dass sich an der lieb gewonnenen Komfortzone etwas ändern wird (was leider mit und ohne Grüne, mit und ohne AfD, mit und ohne Aiwanger so kommen wird). Diese Angst frisst sie auf.

 

Also müssen sie brüllen, ihre Angst wegschreien und einen Sündenbock suchen, wie es in der Menschheitsgeschichte immer schon geschehen ist, wenn die Zeiten schlecht waren (am Hagelschlag war seinerzeit die Hexe schuld, an der Kapitulation 1918 der Dolchstoß durch die SPD, an Inflation und Weltwirtschaftskrise die Juden, an Corona wahlweise Bill Gates oder George Soros oder die Reptiloiden).

 

So stehen sie nun also da mit ihrer erbärmlichen Angst, die Hosen gestrichen voll, weil sie eh nicht auskönnen, aber auch nicht in der Lage sind, sich zu ändern, und bepöbeln Grüne, beschimpfen alles, was sie für Links halten und hassen die Klimakleber, weil diese Gruppen die einzigen sind, welche die unausweichliche Sache beim Namen nennen. Der Feind des Dummen ist ja bekanntlich nie die schlechte Nachricht selbst, sondern immer nur deren Überbringer.

 

Den Aiwangers dieser Welt fehlt schlicht und ergreifend der Schneid dazu, den Leuten die ungeschminkte Wahrheit zu sagen, könnte ja ein paar Stimmen kosten. Ihren Mut finden sie erst dann wieder, wenn es darum geht, gegen grüne Politikerinnen, Transmenschen und Leute, die das Gendersternchen setzen, zu hetzen. Es ist so erbärmlich.

 

Und dann wählt man halt diejenigen, die immer nur das sagen, was die Leute hören wollen, die orchestriert von Bild, Focus und Konsorten, wohlfeile Sündenböcke anbieten, man wählt Leute, die das Blaue vom Himmel herunterlügen, obwohl diese Leute selber sehr genau wissen, dass auch sie an den Tatsachen nichts werden ändern können. So sägt man munter an dem Ast, auf dem man sitzt und selbst beim Herunterfallen schimpft man noch auf den, der den Baum gepflanzt hat.

 

Aber scheiß drauf, heut' ist lustiges Grünen-Bashing, die Musi spielt, Prost ihr Nasen, Prost Aiwanger, Prost Söder, Prost ihr Lobby-Fuzzies von der FDP, Prost FCK-AfD, oans, zwoa, drei gsuffa, aber ja nicht gekifft, um Gottes Willen, darauf dann noch fünf Steaks und zehn Paar Bratwürste und anschließend mit 200 auf die Autobahn, 18 Liter Diesel auf 100 Kilometer rausgeblasen wie nix, denn schlechtes Wetter gab's schon immer.

(T.Bäumler 22.8.23)

Welt im Zerfall – eine Klage

 

Unsere Welt, wie wir sie kennen und in der wir es uns so schön kommod eingerichtet haben, zerfällt. Was aus ihren Trümmern entstehen wird, wissen wir nicht.

 

Unser Planet: Alles hängt mit allem zusammen, das wussten schon die Menschen der Steinzeit, die Eingeborenen der grünen Urwälder und die Aborigines im staubigen Outback Australiens. Die Pflanzen und Moore binden das Kohlendioxid und geben uns Sauerstoff. Sie verdunsten Wasser und fangen es gleichzeitig auch wieder auf. Die Bäume stabilisieren die Böden, Hänge und Gebirge. Die Insekten ernähren sich vom Nektar der Pflanzen und bestäuben diese, deren Blätter und Früchte wiederum von Tieren gefressen werden, die uns und anderen Tieren zur Nahrung dienen. Ein ewiger Kreislauf aus Werden und Vergehen, wunderbar aufeinander abgestimmt. Der Mensch ist das einzige Lebewesen, das es jemals geschafft hat, jenes über Jahrmillionen fein austarierte Gefüge in nur ein paar wenigen Jahrhunderten aus dem Gleichgewicht zu bringen. Das ist bisher nur Vulkanausbrüchen und Asteroiden gelungen. Was er jedoch nicht schafft, ist, seine Verantwortung zu erkennen und die richtigen Konsequenzen daraus zu ziehen. Aus Bequemlichkeit? Aus Dummheit? Der Mensch die Krone der Schöpfung? Eher nicht! Denn diese würde die „Klimakleber“ nicht kriminalisieren und die Autolobbyisten nicht für ihr Durchhaltevermögen feiern.

 

Kriege: Ein Krieg ist so ziemlich das Dümmste, was man als Mensch anstellen kann. Er vernichtet Leben, er vernichtet Ressourcen, er zerstört die Umwelt und wirft Staaten in ihrer Entwicklung um Jahrzehnte zurück. Trotzdem erliegen Staaten und ihre Führer auch im 21. Jahrhundert immer noch und immer wieder der Illusion, ein Krieg würde ihnen einen Vorteil einbringen. Ein Krieg hat in der Geschichte der Menschheit noch nie irgendjemanden langfristig einen Vorteil gebracht.

 

Religion: Anstatt von der Liebe und Güte eines Schöpfers zu künden, werden im Namen Gottes und im Schutz der Religion Kinder missbraucht, Köpfe abgeschlagen und Frauen unterdrückt. Wo sind die Künder der Liebe und Freundschaft Gottes, Jahwes oder Allahs geblieben? Was wir finden, sind eifersüchtige Bewacher und Bewahrer ihrer geistlichen Macht, im Gestern erstarrte Dogmatiker ihrer selbst und ihrer subjektiven Interpretation des Göttlichen, was auch immer dieses sein mag. Sie jedenfalls kennen es nicht, das Göttliche, und haben das Recht verwirkt, davon zu künden.

 

Anstand, Moral, Demut, Würde und Wahrheit: Es ist in Zeiten der asozialen Netzwerke modern geworden, über andere Menschen den sprichwörtlichen Daumen zu senken. In der Scheinanonymität des Netzes wird über Andersdenkende hergezogen, der Geifer des Hasses tropft aus den Lefzen, wo man sich früher in Grund und Boden geschämt hätte. Menschen, denen die Dummheit und Bildungslosigkeit aus allen Knopflöchern schaut, schwingen sich zu Richtern über ihre Mitbürger auf. Leute, die man vor Zeiten nur ausgelacht hätte, ernennen sich selbst zu Experten und maßen sich an, anderen die Welt erklären zu wollen. Dabei demütigen sie sich nur selbst. Die größten Dummköpfe haben für diejenigen, die wahres und in langem Ringen erworbenes Expertenwissen haben, nur Verachtung übrig. Amoralische Lügner werden zu Präsidenten gewählt und das Volk jubelt ihnen zu. Die Wahrheit zählt nichts mehr, außer sie nützt. Und wenn nicht, wird sie zurechtgebogen. 

 

Ja, panta rhei, alles fließt, alles zerfällt. Alte Gewissheiten gelten nicht mehr, neue liegen in weiter Ferne. Vielleicht bewahrt ja die KI den Menschen eines Tages davor, sich selber und den Planeten zu vernichten, indem sie der Krone der Schöpfung den Stecker zieht.

(Copyright T.Bäumler 4/23)

Genesis 2.0:
 
Am Anfang war das Nichts und im Nichts war das Sein und der Raum und die Zeit und die Ewigkeit. Und es war gut - erster Tag.
 
Aus dem Dunst des Nichts schieden sich die Sterne, die Planeten, die Erde und der Mond. Auf der Erde schieden sich das Wasser und das Land und es war gut - zweiter Tag.
 
Aus dem Sein schieden sich die Einzeller, die Mehrzeller, die Tiere des Wassers, des Landes und der Luft und die grünen Pflanzen. Und es war gut - dritter Tag.
 
Am vierten Tag schied das Sein aus den Tieren des Landes den Menschen. Als Mann und Frau schied es sie. Und der Mensch erschauerte vor der Macht des Seins und es war gut so - vierter Tag.
 
Der Mensch sprach: siehe ich bin der Mensch und mir allein ist das Recht zu herrschen, denn ich stehe über allem. Also lasst uns herrschen über die Tiere des Wassers, des Landes und der Luft und über die grünen Pflanzen. Und der Mensch fand, dass es gut war - fünfter Tag.
 
Dann schuf der Mensch Gott. Nach seinem Bilde schuf er ihn. Als eine Vielzahl von Göttern schuf er ihn, als den Einen schuf er ihn, als alten Mann schuf er ihn. Und der Mensch fand dass es gut war - sechster Tag.
 
Der Mensch sprach: Ich herrsche nun über die Tiere des Wassers, des Landes und der Luft und über die grünen Pflanzen. Ich schuf mir Gott als Legitimation für meine Taten. Nun wollen wir ruhen. Und der Mensch fand dass es ziemlich gut war - siebter Tag.
 
Am achten Tag sprach das Sein: Ich bin alles Sein und ich schied die Monster des Kambrium, die Saurier, und den Menschen, auf dass sie über die Erde herrschten. Nun ist es Zeit für etwas Neues. Es lächelte sein typisches Seinslächeln, lehnte sich zurück und sprach: was hatten wir noch nicht? Oktopusse?
T. Bäumler 11.6.22

 

 

Der Mann in der Box

 

Was hatte er nicht alles versucht, um seinen Käfig lieb zu gewinnen, in den er gesperrt war, die Box, wie er sein dunkles Gefängnis in den seltenen Momenten nannte, in denen ihm zum Scherzen zumute war. Seit zwanzig Jahren schon saß er jetzt darin, in diesem selbst gewählten Gehäuse, umgeben von Holz, Marmor, Gold und kostbaren Stoffen. Wie eine Schnecke saß er darin, seine Fühler dann und wann kurz ausstreckend, um sie dann erschrocken wieder zurückzuziehen. Er hatte mit seinem Mentor gesprochen, hatte sich eingeredet, das alles müsse so sein, die Box sei seine Heimat, sein Zuhause, das Ziel seiner Träume und seiner Sehnsüchte. Er hatte seine Sinne betäubt, auf dass die Zweifel verschwänden, hatte in schlaflosen Nächten gehadert, sich die Stirn blutig geschlagen. Es hatte wenig genutzt.

 

Und wie hatte er sich danach gesehnt gehabt, dieser Gemeinschaft der Gefangenen aus freiem Willen anzugehören, dieser ehrwürdigen Gesellschaft der „men in the box“, hatte alles darangesetzt, die strengen Aufnahmekriterien zu erfüllen, hatte auf Jugend, Frauen und Freiheit verzichtet, nur um dieses eine, hehre Ziel zu erreichen. Ja, und was hatte man ihn in diesem, seinem Entschluss bestärkt, Eltern, Lehrer, Verwandte, die es wohl mit ihm meinten, er sei Erwählter, es sei ein unvergleichliches Privileg, dazu zu gehören. Der Weg dahin sei zwar ein schwerer, durchaus, er sei es aber unbedingt wert, begangen zu werden. Und er war ihn gegangen, diesen steinigen Weg, hatte allem entsagt, was ihn hätte von diesem Pfad abbringen können.

 

Der Tag, an dem man ihn endgültig in die Box gesetzt hatte, war, so hatte er es sich wenigstens später eingeredet, der schönste seines Lebens gewesen. Die Eltern hatten geweint, der Bürgermeister geredet, Frauen gesungen, Musikanten gespielt. Und sein Mentor hatte salbungsvolle Worte gesprochen und ihn in die Gemeinschaft der Auserwählten aufgenommen. Seitdem saß er in der Box und wunderte sich.

 

Ja, er wunderte sich, denn dass es so sein würde, wie es dann war, nein, das hatte er doch nicht wissen können. Freilich, er war jetzt einer der wenigen Erwählten, ja, man hofierte ihn und begegnete ihm mit Ehrfurcht, man suchte seinen Rat und Zuspruch, aber er saß in seinem Gehäuse und die Nächte waren lang und einsam in all dem Gepränge und es gab keinen, der ihm Wahres ungeschminkt gesagt hätte, keinen, an den er sich in seiner Einsamkeit hätte lehnen können, der das Brot und den Wein mit ihm geteilt hätte und ihm des Nachts über die Wange gestrichen hätte, wenn ihm Tränen darüber gelaufen waren. Seine Sehnsucht wurde immer größer, doch die Menschen kamen und gingen, keiner blieb ihm, nur seine Box und er darin, die Tränen auf seinen Wangen trockneten ihm nicht mehr und das schwarze, tiefe Loch in seinem Herzen wurde größer, tiefer und schwärzer.

 

Er hatte sich schließlich in seiner großen Not seinem Mentor anvertraut. Dieser kräuselte die Stirn, stützte den Kopf in beide Hände und sprach ihm in wohlgesetzten Worten zu, es sei ja geradezu Zeichen des Auserwähltseins, zu zweifeln und zu ringen, dies bringe ihn dem größeren, höheren Ziel, für das er sich nun einmal entschieden hätte, näher und es sei im Übrigen nicht Last, sondern Lust, diese Bedrängnis zu ertragen. Der Lohn werde groß sein, er wisse das aus eigener Erfahrung und er segne ihn, dass er Kraft fände, das Los zu tragen, welches er selbst sich gewählt. Und so zog sich der Mann wieder in sein Gehäuse zurück, krempelte die Fühler nach innen, igelte sich ein in seiner Box und dem Auserwähltsein und entdeckte den Alkohol.

 

Der Zufall war’s, der ihm diese Flasche Whiskey in seine Box spülte, feinster, goldener Single Malt aus den Schottischen Highlands, diesem Urgrund der Einsamkeit, dem gelobten Land der Einzelgänger und in der Sehnsucht Gestrandeten. Gebrannt hatte er, der erste Schluck, auf Zunge und Gaumen, brennend war der Schnaps die Kehle und die Speiseröhre hinunter geronnen, Zentimeter für Zentimeter hatte er sich in ihn hineingebrannt, dem Magen entgegen, doch dann waren ihm die Geschmäcker nach kahlen braunen Bergen, nach violetten Heidekräutern, nach rauchenden Torffeuern und frischen, klaren, forellenbesetzten Wassern in seinem Gaumen aufgeblüht und die Blüten waren ihm nicht mehr verwelkt. Er war danach zwar immer noch in seiner dunklen Box gesessen, das schon, und doch hatte er die Weite und Enge der Hügel gesehen, hatte die sprudelnden, glucksenden Wasser gehört, hatte Lachse springen sehen und den herbstlichen Reif auf braunen Gräsern und das Licht des Frühlings hatte ihm auf Tautropfen gefunkelt.  Und ihm war leicht geworden in seiner Enge, die Box war ihm kein Gefängnis mehr, sie wurde ihm Schutz und Sicherheit, die Fühler der Schnecke konnten im Gehäuse bleiben, denn er hatte die Bilder und ihren Trost in sich, wann immer ihm danach gelüstete und immer eine volle Flasche Whiskey in Griffweite.

 

Der Mentor war sehr erfreut zu hören, dass der Mann sich gefangen habe, er schrieb diesen Umstand der Wirkung seiner bestärkenden Worte zu und die Box konnte zu des Mentors Zufriedenheit geschlossen bleiben und der Mann darin und die Schnecke in ihrem Haus und alles war gut, bis der Mann eines Tages, als er eine Glühbirne wechseln wollte, im Rausch von der Leiter fiel und sich das Bein brach.

 

Zu seiner großen Beschämung fand ihn die Haushälterin in desolatem Zustand auf dem Boden liegend, sturzbetrunken in seinem Erbrochenen, unfähig sich zu bewegen. Die Sanitäter kamen, holten ihn aus der Box und verfrachteten ihn ins Krankenhaus. Ja, die Schnecke musste aus dem Haus, ihr blieb nichts anderes übrig, der Entzug war kurz und heftig, das Erwachen schmerzhaft. Das schützende Dunkel der Box war weg, für den Moment wenigstens, die Fühler der Schnecke krempelten sich aus dem Gehäuse, sie sahen das Zimmer weiß und hell und strahlend, das Sonnenlicht brannte in den Augen und als die Schleier sich langsam lüfteten, erkannte der Mann, dass die Krankenschwester, die ihn umsorgte, schön war. Sie war schön wie die Morgenröte, ihre Worte süß wie Honig und die Berührung ihrer Hände war ihm, wie wenn eine feine Brise vom Meer her über seine Haut streichelte. Er lächelte sie an und sie lächelte zurück und beide waren glücklich und die Box war weit weg und das Schneckenhaus auch.

 

Licht umgab beide, den Mann und die Frau, es flutete durch sie hindurch, sie leuchteten von innen und als der Priester einige Wochen später zu seinem Bischof ging, um in den Laienstand zurückversetzt zu werden, war der Mann in der Box tot, die Whiskeyflasche blieb ungenutzt, die Schnecke war davongekrochen und wenn eine nächtliche Träne die Wangen netzte, fand sich immer eine Hand, sie zu trocknen.

T.Bäumler 2020   

 

 

Zoiglblues

 

Krawumm!

Mit einem Knall fällt die Tür ins Schloss. Hubert hätte sich ohrfeigen können. Was musste er seiner Freundin Brigitte auch gerade jetzt, eine Woche vor Weihnachten, eröffnen, dass er eine Auszeit brauchte von ihrer Beziehung, die ihm zuletzt zunehmend zur Belastung geworden war.

 

Nicht dass er Brigitte nicht mehr liebte, nein das gerade nicht, er liebte sie schon noch, vielleicht nicht mehr so leidenschaftlich, wie zu Beginn ihrer Beziehung vor drei Jahren, aber er liebte sie dennoch, was immer man unter Liebe verstehen mochte. Oder war es nur Gewohnheit, Bequemlichkeit gar, dass sie immer noch zusammen waren?

 

Er wusste es nicht. Was er allerdings wusste, war, dass er sich in letzter Zeit zunehmend eingeengt gefühlt hatte in seiner Freiheit. Freiheit, wie banal das klang, wie trivial, aber brauchte nicht jeder etwas Freiraum, kleine Zufluchten, wie gute Freunde, mit denen man beim Zoigl zusammen hockte oder ein Hobby, in das man sich hinein verlieren konnte aus einem Berufsalltag der einem - er war Referendar an einer weiterführenden Schule in Weiden - alles abverlangte. Sein Hobby war nun einmal das Mineraliensammeln. Und wann sollte er diesem denn nachgehen, wenn nicht am Wochenende? Brigitte hatte es nicht verstanden.

 

Wie dem auch sei, nun war sie fort. Der Knall der Türe war nur der Schlussakkord gewesen einer lautstarken Auseinandersetzung, in der sie ihm Eigensucht und grenzenlose Ichbezogenheit vorgeworfen hatte.

 

Hubert zieht sich seine warme, dunkelanthrazitfarbene Fleecejacke an, setzt sich seine Lieblingspudelmütze auf den Kopf, die rote mit dem weißen Bommel, Schal darf nicht fehlen, Winterstiefel auch nicht. Daheim in seiner kleinen Wohnung kann er jetzt nicht bleiben, das würde er nicht aushalten. Doch wohin?

 

Hat nicht die Zoiglstube im alten Pfarrhof offen? Neben der alten, burgartigen, spätromanischen Kirche in Altenstadt an der Waldnaab, seinem Heimatort? Zu Fuß wäre er in 5 Minuten dort. Also, nichts wie hin.

 

Beim Betreten des nach außen hin recht verfallen wirkenden, aus Bruchsteinen gemauerten ehemaligen Pfarrhofs aus dem 16.Jahrhundert empfängt ihn wohlige Wärme. Kalt war's draußen gewesen. Die Brille beschlägt sich. Durch die kleinen klaren Gucklöcher, die in der Mitte verbleiben sieht er einen Tisch, an dem noch ein Platz frei ist. Er darf sich setzen.

 

Ach, was für eine Wohltat nach dem erschöpfenden Streit. Sich fallen zu lassen in die Geräusche und Gerüche der Zoiglstube. Säuerlich duftet es nach Essig und Kraut, leicht stechend nach Zwiebeln, aromatisch nach Bratwürsten und malzwürzig nach Zoiglbier, von dem er sich gleich eins kommen lassen wird. Dazu Stadtwurst mit Musik.   

 

Der Raum ist erfüllt vom Summen nicht zu entknäuelnden Stimmengewirrs, unterbrochen von hellem Gelächter, dem Klackern von Absätzen auf Steinboden und dem dumpfgläsernem Klang zusammenstoßender Krüge.

 

Langsam lichten sich auch die Nebel vor seinen Augen. Er ist inmitten einer Gruppe von jungen Leuten gelandet, alle so zwischen zwanzig und vierzig. Alle schon leicht angeheitert und entsprechend fröhlichlaut. Er ist Ende Zwanzig, passt also dazu. Das mit dem angeheitert wird auch noch werden. "Prost Gemeinde, der Pfarrer säuft".

 

Neben ihm eine hübsche Brünette mit vielen Sommersprossen im Gesicht. Eigentlich besteht ihr Gesicht nur aus Sommersprossen. Zwei Grübchen auf ihren Wangen, hellroter, voller Mund. Die Augen hellbraun, mit goldenen Sprenkeln darin. Wärme an Wärme, ihre Oberschenkel dicht beieinander. Er spürt ihre Lebendigkeit durch den dünnen Stoff seiner Jeans. Ihm wird’s warm im Bauch. Einer feiner Duft nach Zitrone und exotischem Holz steigt in seine Nase, gerade noch wahrnehmbar inmitten all der Gerüche. Sie lacht, schüttelt ihren Kopf, der Duft ihres Parfüms wird stärker. Hell klingt ihre Stimme, ein warmes, fröhliches Lachen. Prost, sein Glas an ihres. Noch einen Zoigl.

 

Hubert schließt die Augen. Was wäre wenn? Er mit ihr, allein, inmitten einer blühenden Wiese in der Wärme eines Sommertags. Sie ein dünnes Kleid, fast durchsichtig, er ahnt, sieht die Konturen ihres Körpers. Komm her meine Schöne, ich brauche dich. Er riecht das Grün des Grases und das Bunt der Sommerblumen. Die Lerche tiriliert. Wie weich ihre Haut ist und wie warm und wie sie duftet. Sie schmiegen sich aneinander und langsam, ganz langsam beginnt seine Rechte, ihr Kleid hoch zu schieben. Wie weich der Stoff. Ihre Härchen stellen sich auf. 

 

"Ha, Prost Nachbar", sein Gegenüber reißt ihn aus den Träumen. Gläser klirren, noch einen Zoigl.

Das Bild ist weg, die Brünette steht auf, zieht ihren Mantel an und geht. "Pfüat's Euch, ich muss morgen früh raus".

 

Na, dann vielleicht ein andermal.

T.Bäumler 2019

 

 

Der Untergang der Titanic

 

Wie immer hatte Rose still darauf gewartet, dass er vom Essen auf dem Zwischendeck zurückkäme, denn wie immer hatte sie keinen Hunger gehabt und war in der suiteartigen Außenkabine mit Balkon (so viel Luxus musste sein, wenn sie sich von Jacks schmalen Buchhaltergehalt schon eine Kreuzfahrt leisteten) alleine zurückgeblieben.

 

Wie immer lag sie schweigend auf dem Doppelbett, das mit der geblümten Bettwäsche bezogen war, seine Lieblingslaken, große leuchtend rote Blüten, es mochten wohl Pfingstrosen sein, auf filigranem, grünem Blattwerk. Er hatte die Wäsche eigens von zuhause mitgenommen und die Erlaubnis des Stewarts eingeholt, die schmucklose Wäsche, die die Reisenden sonst in der Kabine erwartete, damit zu ersetzen. In dieser Hinsicht war er etwas eigen.

 

Sie war in das eigens für diese Reise angefertigte leichte weiße Sommerkleid aus duftigem Leinen gehüllt, das ihre Knie gerade eben noch züchtig bedeckte und hatte keinen Slip an. Ihre vollen roten Lippen leuchteten ihm sinnlich und einladend entgegen, die Augen waren voller Wonnen der Vorfreude geschlossen. Ihre großen runden Brüste ließen das Kleid am Oberkörper straff anliegen und die erigierten Nippel wie kleine, spitze, rosa Vulkankegel ihm durch den dünnen Stoff einladend entgegen leuchten.

 

Jack hatte fürstlich diniert, als Vorspeise Flusskrebssüppchen mit einem deliziösen Schaum von Kürbis, als Hauptspeise Rosmarinlamm an glasierten Böhnchen, deren Geschmack mit feinen Noten von Kastanienhonig veredelt war und die seine Vorfreude auf die kommenden Stunden mit Rose ins Unermessliche gesteigert hatte. Die Nachspeise hatte aus einem wunderbaren Zitronen-Souffle, garniert mit dünn gesponnenen Fäden aus karamellisiertem Zucker, bestanden. Derlei kulinarische Köstlichkeiten hatten schon immer eine stark aphrodisierende Wirkung auf ihn ausgeübt und daher hatte er die Kabine bereits voller Erregung betreten, eine Erregung, die auch an seiner engen weißen Hose unschwer zu erkennen war, die aus demselben dünnen Leinenstoff angefertigt war, aus dem er auch das Kleid seiner Frau hatte schneidern lassen.

Nachdem er sich seiner Hose und Unterhose entledigt hatte – das ebenfalls weiße Leinenhemd und die weißen Socken behielt er bei derartigen Gelegenheiten gerne an, dies hatte ihm in Liebesdingen schon immer eine gewisse Sicherheit verliehen – setzte er sich an die Kante des Bettes und begann mit routiniert kreisender Bewegung seine rechte Hand langsam entlang der Innenseite von Roses rechtem Bein nach oben zu bewegen, während er mit fasziniertem Blick die feiste rote Kappe seines erigierten Gliedes betrachtete.

 

Als er gerade mit einem leisen Seufzen in Rose’s Scham eindringen wollte, erschütterte ein ohrenbetäubender Knall das große Schiff, welches sich, wie unter den unbarmherzigen Schlägen eines Riesen in seinen Grundfesten erbebend, binnen kürzester Zeit zur Seite zu neigen begann.

Infolge des massiven Schlags waren Rose und Jack aus ihrem Bett geflogen und fanden sich an der balkonseitigen Kabinenwand wieder, zu der hin sich das ganze Schiff bereits geneigt hatte. Reglos, ohne einen Laut von sich gegeben zu haben, lag Rose unter Jack. Ihre Augen waren immer noch geschlossen, das Kleid bis über die Brüste hochgeschoben.

„Rose, Rose?“, mühsam hatte Jack sich hochgerappelt, hastig seine Hose wieder angezogen, während das Schiff sich weiter zur Seite neigte. Er strich seiner Frau, die weiterhin bewegungslos auf dem Boden lag, behutsam das weiße Kleid glatt, kniete sich, nachdem er die Balkontüre geöffnet hatte, langsam nieder und hob seine Frau vorsichtig mit beiden Armen hoch, während ihr Kopf schlaff nach hinten hing und Arme und Beine leblos nach unten baumelten.

 

Mit seiner Frau in den Armen taumelte, ja schlitterte Jack wegen der nunmehr doch schon starken Schlagseite des Schiffes zum Balkon, von dem aus er direkt auf die sich kräuselnde Wasseroberfläche blicken konnte, mit einem dumpfen Geräusch schlug Roses Kopf an die Türlaibung, bevor Jack, Rose fest an sich drückend, in die Tiefe sprang, hoffend, eines der Rettungsboote würde sie beide schon aufnehmen.

In strudelnden Wirbeln schlug das Wasser über ihnen beiden zusammen und während Jack vom Sog des nun rasch sinkenden Schiffes unerbittlich in die Tiefe gezogen wurde, sah er im Gegenlicht der durch das Wasser über ihm getrübten Sonne mit einem letzten Blick Rose mit einer beneidenswerten Leichtigkeit an der Wasseroberfläche zwischen unzähligen nach oben sprudelnden Luftblasen dahinschweben, während das weiße Kleid wie die Flügel eine Engels ihren Körper umspielte.

 

Als drei Stunden später die ersten Rettungsmannschaften am Unglücksort eintrafen, war die Verwunderung groß, dass keine menschlichen Überlebenden der Tragödie gefunden werden konnten. Das Einzige, das man fand, war eine mit einem weißen Kleid bekleidete, aufblasbare, lebensgroße Plastikpuppe, die still und reglos auf den Wellen schaukelte.

T.Bäumler 2016

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